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Der alltägliche OVERLOAD

von Stefanie

Ein Interview überProphetie im Alltag, Stagnation und Nichtaufgeben.
Eine dreifache Mutter und Netzwerkleiterin antwortet.


Hi Anne, wir kennen uns jetzt ungefähr zwei Jahre. Wir haben uns auf einer Leadership Conference 2018 „kennen gelernt“. Du saßt in einem Workshop zu Basics in Prophetie. Kannst du dich noch daran erinnern? 


Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern. Witzigerweise hätte ich dich an dem Abend gerne angesprochen. Aber ihr habt überzogen und meine Leute haben auf mich gewartet, um in die Unterkunft zu fahren. Deshalb bin ich sofort abgehauen.

Haha. Okay. Du bist mir damals aufgefallen als jemand, der unheimlich tolle Fragen stellt. Hab ich selten so erlebt. 
In dem Seminar saßen und standen so fünfzig Leute. Ich habe versucht, dich am Ende des Seminars zu erwischen, aber es waren zu viele Leute zwischen uns. Ich hab dich sprichwörtlich aus den Augen verloren.
Wir haben uns trotzdem wiedergetroffen.
 Du warst super interessiert an den ganzen prophetischen Sachen. Warum?

Kurz vor der LC hatte ich mehrere Erlebnisse, aus denen ich geschlussfolgert habe, dass ich manchmal eine überdurchschnittliche geistliche Wahrnehmung habe. 

Ich wusste aber selten etwas damit anzufangen. Ich spürte beispielsweise die geistliche Atmosphäre in einem Raum, hatte manchmal Eindrücke, die ich ziemlich präzise auslegen konnte, traf intuitiv Entscheidungen, die andere nach viel Bibelstudium genauso trafen.
Mir war nicht klar, wie ich das sinnvoll einsetzen sollte und ich konnte auch nicht „steuern“, wann das geschah.
Zum Prophetiemodul auf der Konferenz kam ich mit viel Neugier. Es bestätigte mir meine Ahnung, dass ich recht klare Eindrücke mit handfesten Auslegungen habe. Von da an wollte ich so viel wie möglich lernen und ausprobieren. Deswegen habe ich mich gleich zu dem Prophetie-Seminar im Vogtland angemeldet, wo wir uns dann wieder über den Weg gelaufen sind.


Wie würdest du deine Reise beschreiben?



Ich habe mein ganzes Leben an Gott geglaubt, weil meine Eltern uns Kindern ihren authentischen Glauben vorgelebt haben. Für mich war immer klar, dass Jesus einen guten Plan für mein Leben hat. 

Als ich in den Zwanzigern war, wurde diese Gewissheit durch zwei Verluste in meinem Leben bis auf die Grundfeste erschüttert und ich stand schließlich vor der Entscheidung, meinen Glauben aufzugeben oder Jesus nochmal ganz neu die Zügel in die Hand zu geben. 

Ich entschied mich für zweiteres und Jesus begann, mein Leben, meine Werte, meine Ziele - einfach alles umzukrempeln. 
Ich hatte nicht geahnt, dass nach quasi 25 Jahren Glaube da noch so viel umzukrempeln sei, aber seitdem gibt es praktisch keinen Stillstand mehr.
Diese Veränderungen führten recht bald dazu, dass mein Mann und ich unsere Baptisten-Gemeinde verließen und uns einer Hausgemeinde anschlossen. Inzwischen ist diese Hausgemeinde deutlich gewachsen und um sie herum ist ein Jüngerschafts-Netzwerk entstanden, ich habe zunächst die Hausgemeinde mitgeleitet und bin nun Teil der Netzwerkleitung.


Ich meinte eigentlich Deine prophetische Reise aber das war jetzt auch sehr interessant. Ich frag nochmal genauer : ) Was hast du in den letzten zwei Jahren im prophetischen Bereich gelernt?


Vor allem habe ich verstanden, dass ich Gott praktisch jederzeit hören und verstehen kann. 

Das gibt mir die Sicherheit ad hoc allein oder mit anderen auf Gott zu hören, wenn wir Antworten oder Ermutigung suchen. Dies führt meiner Meinung gerade dazu, dass auch andere in meiner Gegenwart vermehrt Gottes Reden wahrnehmen.
Früher kannte ich ausschließlich bildliche Eindrücke als Gottes Reden. Ich wollte mehr und entdeckte, auf wie viele Arten Gott längst zu mir redete. Ich träume beispielsweise sehr viel und habe bewusst geübt, die Träume auszulegen, auch indem ich Träume von anderen auslege.
Womit ich noch nicht ganz warm geworden bin, ist, Gebete in Sprachen auszulegen. Ich kann in Sprachen beten und zumindest grob auslegen, wenn andere in Sprachen beten.
Zuletzt habe ich gelernt, meine Gefühle bewusster als Gottes Reden zu verstehen.


Wie wichtig ist Jüngerschaft, also das Lernen von einer erfahreneren Person und das Weitergeben an weniger Erfahrene, im prophetischen Bereich für dich?


Meiner Meinung nach ist Jüngerschaft und Prophetie untrennbar.
Natürlich kann ich Jesus nachfolgen, ohne wirklich zu verstehen, was er heute zu mir sagt. Aber es gleicht einem Fischen im Trüben. Wenn ich unsicher bin, was in meiner Nachfolge grade dran ist, frage ich nach und erhalte die Antworten durch Bilder. Themen, auf die ich selbst nicht komme oder bei denen ich Gottes Sichtweise erstmal nicht so gern sehen will, zeigt Gott mir in Träumen.

Ohne Jüngerschaft prophetisch tätig zu sein, gibt es zwar - das halte ich aber für gefährlich. Ich brauche die ständige Korrektur durch Jesus und andere Christen, die permanente Bereitschaft, meine Sichtweise zu hinterfragen und meine Schwächen offenzulegen, eine große Demut in meinem prophetischen Handeln. Wenn die fehlt, wenn ich mich selbst als fertiges Sprachrohr Gottes betrachte, verdrehe ich schnell Gottes Botschaft. Das habe ich ein paarmal miterlebt und das hatte teils weitreichende schlimme Auswirkungen.

Wobei hat dir deine Mentorin geholfen?

Du hast mir im Mentoring vor allem viel Bestätigung gegeben, die ich brauchte, um meinen Fortschritten überhaupt zu vertrauen, zum Beispiel beim Träume auslegen.

Danke. ;-)

Warum hast du keine Propheten Schule besucht?


Auf die Idee bin ich einfach nie gekommen. Ich hatte nicht das Ziel, Prophetin zu sein. Ich wusste ja auch gar nicht, dass ich da eine besondere Begabung habe.


Was hat dir am meisten geholfen im Prophetischen weiter zu wachsen? 


Die Mischung aus Feedback und so viel Praxis wie möglich.


Was an prophetischer Praxis wünscht Du Dir in den Hausgemeinden, die du betreust, zu sehen? 


Am meisten wünsche ich mir, dass sich in unseren Gemeinden eine Selbstverständlichkeit darin entwickelt, dass Gott eine unmittelbare Antwort auf meine Sorgen und Fragen hat. 

Es macht mich traurig, dass es ganze Gemeinden gibt, in denen niemand diese direkte Kommunikation zu Gott erlebt. 

Ich hab für mich keine großen Ambitionen, aber anderen diese Selbstverständlichkeit mitzugeben ist mir super wichtig. Das passiert bereits mit zwei meiner Mentees. Darüber freue ich mich total. Wenn sie weiterhin ihren Eindrücken große Aussagekraft zutrauen, anderen mit ihrer Begabung und Erfahrung dienen und korrigierbar bleiben, dann wird noch einiges passieren, da bin ich mir sicher.


Wobei hilft dir Prophetie? Wo siehst du die Grenzen von Prophetie im Gemeindeaufbau?


Seitdem ich gelernt habe, auch im Alltag Gott zu hören, sagt er zu allen wichtigen Bereichen meines Lebens etwas.
Ganz klassisch, wenn Entscheidungen anstehen beispielsweise. Im letzten Sommer habe ich überlegt, ob wir unsere kleine Tochter schon etwas früher zur Tagesmutter statt ein Jahr später in den Kindergarten geben sollten. Somit hätte ich mehr Zeit für die Arbeit im Netzwerk gehabt. Promt hat Gott mir im Traum gesagt, dass ich das nicht überstürzen soll.
Prophetie ist für mich Teil aller meiner verschiedenen Aufgaben geworden: Leitungsteam, Mentoring, Seelsorge, aber auch die Erziehung unserer Kinder. Gott sagt mir, was Menschen brauchen, ermahnt mich, wenn ich mich verrenne oder einfach etwas aus dem Blick verliere. Ich habe zum Beispiel immer wieder den gleichen Traum, wenn mein Mann und ich zu lange zu wenig Zeit füreinander haben.

Prophetie ist nur eins von verschiedenen Elementen, um eine gesunde Gemeinde aufzubauen. Gute Kommunikation, Konflikte lösen, Veranstaltungen organisieren und herauszufinden, welche Veranstaltungen wir überhaupt brauchen... Natürlich helfen da Erfahrungen anderer und mein Grundverständnis aus der Bibel. Aber ich erlebe Prophetie als Gottes Mittel, den Bogen zu schlagen zwischen der guten Grundlage die wir durch Biblstudium, Schulungen, Mentoring etc. haben und dem, was wir konkret brauchen, damit ein Mensch oder eine ganze Gemeinde den nächsten Schritt gehen kann. Da diese fehlenden Teilchen sehr individuell und verborgen sind, braucht es übernatürliche Einblicke.

Du bist jetzt Mutter von drei Kindern. Deine Tochter ist vor knapp einem Jahr geboren worden. Wie war das in den letzten Jahren für dich, trotz dieser Belastung in Prophetie zu wachsen?


Um ehrlich zu sein folgte auf die Geburten meiner beiden Söhne eine ziemliche Stagnation. Ich habe es schlicht nicht hinbekommen, Zeit mit Gott allein zu haben. Da waren für mich Lobpreiszeiten in der Gemeinde wahnsinnig wichtig. Aber geistlich bin ich in den Zeiten bis sie Kindergartenkinder wurden, gefühlt nur sehr langsam weiter gekommen. Meine Tochter ist jetzt 9 Monate alt. Die meisten Erfahrungen von denen ich eben erzählt habe, hatte ich in dem Jahr vor und während der Schwangerschaft. Das hat ziemlich lange einfach durchgetragen, auch wenn ich momentan kaum eine Minute für mich habe und gefühlt nur bete, wenn ich mit den Kindern nicht weiter komme (also schon mehrmals täglich ;-)).

Aber die Schwelle, an der ich gemerkt habe, jetzt muss ich irgendwie wieder meine Zeit mit Gott in diesen verrückten Alltag bekommen, die war wirklich frustrierend. Ich wusste ja, dass ich das die ersten beiden Kleinkindphasen nicht geschafft hatte. 

Weiterwachsen heißt für mich grade vor allem, nicht aufzugeben. Letzte Woche habe ich mir für jeden Morgen den Wecker eine Stunde früher gestellt und hatte am Ende einen Morgen an dem ich Zeit zum Beten und Hören hatte. Aber immerhin!

Immerhin? Da muss ich dich wohl noch mehr ermutigen.
Vielen Dank, Anne, für deine Ehrlichkeit und dieses Gespräch.

 

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