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Meine Freundin und das Krippenspiel

von Lisa

Ich habe eine Freundin. Sie möchte hier gern anonym bleiben. Aber sie will auch, dass andere durch ihre Erlebnisse ermutigt werden. Deswegen hat sie mir ihre Geschichte erzählt und mir erlaubt, sie aufzuschreiben.

Meine Freundin und mich verbindet viel, unter anderem, dass wir beide  in unserer Kindheit zahlreiche Krippenspiele mitgestaltet haben.
Sie, schon immer: "Weihnachten ohne Krippenspiel, das gab es in meiner Kindheit eigentlich überhaupt nicht." Ich, nachdem ich Christ geworden bin. Zur Maria hats bei mir nicht mehr gereicht (zu alt), aber immerhin Herodes!

Meine Freundin hat nie aufgehört davon zu träumen, eines Tages mit ihren eigenen Kindern Krippenspiele aufzuführen. Ich glaube, Gott mag meine Freundin und ihre verrückten Ideen. Träume und Kinder liebt Gott sowieso. Wenn er die Gelegenheit hat, durch sie auf sich aufmerksam zu machen, lässt er sich nicht lange bitten. Genauso wie meine Freundin, als sie dann wirklich eigene Kinder hatte. Zusammen mit ihnen und ein paar Kindern der damaligen Hausgemeinschaft ging es los. Im ersten Versuch mit etwas skurrilen Ergebnissen, wie einer 3-jährigen Maria samt 10-jährigem Josef. "Das sah sehr lustig aus, aber diese Kinder waren eben da und sie hatten Spaß." Ab dem Zeitpunkt wurde jedes Jahr ein Krippenspiel aufgeführt, mal beim selbst organisierten Hinterhofweihnachtsmarkt, später woanders eingemietet.

Meine Freundin, das Krippenspiel und das Dorf

Dann kam 2018 der Umzug aufs Land. Neue Möglichkeiten und neue Herausforderung. Die Stimmung hier ist anders als in der Stadt. Evangelisieren auf dem Marktplatz? Das geht nur in fremden Dörfern gut. Aber es gibt ja noch das Krippenspiel: "In dem Gebiet, in dem wir wohnen gibt es ungefähr für 10 Dörfer eine Kirche mit Krippenspiel. Was wir gehört hatten: Leute gehen da gar nicht mehr hin, sie kommen nicht rein, es ist überfüllt."
Vom Umzug bis Weihnachten waren noch drei Monate Zeit. Genug Zeit für meine Freundin, um zusammen mit allen Kindern aus dem Haus und ein paar ihrer Freunde selbst was auf die Beine zu stellen. Am Ende hatten 60 Gäste gehört, dass ihnen heute der Heiland geboren ist. Im Jahr darauf gerieten die Räumlichkeiten an ihre Grenzen. Die Idee, ein Krippenspiel draußen zu machen und gemischt mit musikalischen Beiträgen auf die Weihnachtsmärkte der Umgebung zu gehen war geboren, "um Jesus ins Gespräch zu bringen...".

Meine Freundin, das Krippenspiel, das Dorf und das Jahr 2020

"Und dann kam Corona dieses Jahr. Und Corona hatte uns schon alles kaputt gemacht, was wir so normalerweise zu Ostern an Tradition aufgebaut haben. Als absehbar war, dass das auf Weihnachten auch zutreffen würde, war ich für ne kurze Zeit wirklich geistlich wütend. Dieser Virus macht die zwei Feiertage, wo Menschen in Deutschland mal noch über Glauben nachdenken, kaputt und es wird das erste Jahr sein, wo es gewisse Menschen gibt, die eben nicht mal mehr darüber nachdenken. Aus der kurzen Wut wurde dann eine Entschlossenheit. Es muss auch anders gehen. Es muss Möglichkeiten geben, dass wir irgendwohin gehen, wenn Leute nicht zu uns kommen dürfen. Darüber habe ich mit Jesus geredet und dann kam diese Idee auf - ein Krippenspiel to go. Ein Krippenspiel, mit dem wir zu den Leuten gehen - in die Gärten, auf die Straßen, vor die Häuser – da, wohin sie uns einladen."

Also hat meine Freundin ein Krippenspiel geschrieben. Genau passend zu allen Kindern, die in den (zwei!) Haushalten der Hausgemeinschaft wohnen und mitspielen wollten. Genau passend auch zu diesem Jahr. Maria und Joseph haben auch in einer Zeit gelebt, in der sie sich die Gesetzeslage und Umstände nicht aussuchen konnten.

Verbreitet wurde die Idee über die üblichen Elternkanäle - WhatsApp Gruppen - und einen Aushang beim örtlichen Bäcker. Wer will uns in seinen Hof oder Garten einladen? Nach wenigen Stunden waren die ersten Termine für Heiligabend ausgebucht.
Die Statistik: 6 oder 7 Proben, 7 Kinder und Jugendliche samt unterstützenden Eltern, eine kleine Soundanlage, ein Pavillon gegen den Regen und insgesamt 9 Aufführungen. 6 davon im 30-Minuten Takt direkt zu Heiligabend. 

Egal ob es 3 oder 20 Zuschauer waren, alle haben ihr Bestes gegeben. 
"An einem Ort hatte uns eine Frau für ihre alte, schwer kranke Tante eingeladen. Die beiden standen auf dem Balkon. Für diese schwerkranke Tante war das ein sehr rührender Moment, sie hatte viele Tränen in den Augen, hat sich sehr bedankt. Es war sehr cool, zu erleben, dass es die Kinder dort genauso ernsthaft gemacht haben. Es gab auch Orte, wo Freunde das fast ein bisschen organisiert haben, wo wir in einer Kreuzung von drei Straßen standen - überall Menschen mit Abstand und Maske, bestimmt 30 Personen. Ansonsten eben so 2-3 Haushalte. Am Ende waren alle Beteiligten müde, erschöpft und durchgefroren. Besonders die Kinder haben sich auf die warme Stube gefreut, aber alle konnten perfekt nachvollziehen, wie es Maria und Joseph ging."


Und die persönlichen Highlights meiner Freundin? Sie hat sich gefreut, dass ihre Witze angekommen sind und die Zuschauer (an den richtigen Stellen!) gelacht haben. Aber noch dankbarer war sie für die bewegten Herzen und Gottes Möglichkeiten trotz aller Einschränkung.
"So viele Leute hätten nicht in unser Haus gepasst und sie wären auch nicht in unser Haus gekommen. Das Feedback war sehr positiv. Menschen waren sehr angetan. Eine Freundin hat geschrieben, dass sie zu Tränen bewegt war und nochmal anders über Sachen nachgedacht hat. Wir hätten auch noch mehr machen können. Es gab bis kurz vorher noch Anfragen.
Auch in einem Jahr wie diesem kann man überlegen, was trotzdem möglich ist, und das dann angehen. Das bringt viel Segen. Als mehr und mehr Leute angefragt haben, hat mich das an Apostelgeschichte erinnert. Du bekommst etwas verboten, du musst woanders hingehen und das dient Gott zur Ehre. So hat sich das auch angefühlt, weil klar war: ja wir werden ganz andere Leute erreichen und kennen lernen und denen von Jesus erzählen, als wir das sonst könnten."

Und nächstes Jahr?

Die Idee mit den Weihnachtsmärkten gibt es immer noch. Die vielen positiven Reaktionen in diesem Jahr zeigen, dass sich der Aufwand lohnt. Dann vielleicht auch wieder zusammen mit Kindern aus der Nachbarschaft. Und am besten wieder mit einem eigenen, diesmal mit den Kindern gemeinsam geschriebenen Krippenspiel!